Getreide, Getreide, Getreide und ein Blick in die Zukunft: Beim Profi-Praxistag 2020 in Bernburg-Strenzfeld diskutierten Landwirte und Politik angeregt über Naturschutz, Herausforderungen und Perspektiven.

Der diesjährige Profi-Praxistag am 23. Juni 2020 verlief aufgrund der Corona-Krise in einem kleineren Rahmen. Doch um die 100 Landwirte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen fanden sich im DLG-Pflanzenbauzentrum bei Bernburg ein, um sich unter anderem darüber zu informieren, welche Getreidesorten sie künftig anbauen könnten. Auf Interesse stieß hierbei die Vorstellung von Dr. Berthold Alter. Der Saatgut-Züchter von Alter-Seeds präsentierte seine neue Dinkel-Sorte “Albertino”, die über eine besonders gute Backeigenschaft verfügt.

Herausforderungen der Landwirtschaft

Nach einem Impulsvortrag von Dr. Ralf-Peter Weber, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie, über das Leitbild “Landwirtschaft 2030 Sachsen-Anhalt”, setzen sich auch weitere Branchenvertreter mit der Landwirtschaft der Gegenwart und der nächsten Jahre auseinander. Olaf Feuerborn vom Landesbauernverband Sachsen-Anhalt, Saalemühle+Dresdener Mühle-Geschäftsführer Michael Gutting, Helmut Naderer vom Landesvorstand NaBu Sachsen, Hubertus Petow vom DLG, Landwirt Dr. Hans Georg Brunn und Dr. Ralf-Peter Weber tauschten sich sachlich und konstruktiv über die Probleme und Aussichten aus.

Michael Gutting, Geschäftsführer der Saalemühle+Dresdener Mühle, lud zum Profi-Praxistag 2020 ein.

Michael Gutting, Geschäftsführer der Saalemühle+Dresdener Mühle, lud zum Profi-Praxistag 2020 ein.

Es war schon ein wenig überraschend, dass ein Konsens schnell gefunden war: Beteiligte müssen miteinander reden und gemeinsam Lösungen finden – bei wichtigen Themen wie zum Beispiel Naturschutz und Qualitätsanspruch an erzeugte Produkte. Michael Gutting betonte, dass es wichtig sei, zusammen Ziele für die Zukunft zu definieren, die man auch realisieren kann. Wirtschaftlich agieren und dabei die Umwelt nicht vernachlässigen – das stehe nicht im Widerspruch. Man müsse davon wegkommen, Landwirten pauschal zu unterstellen, sie seien ausschließlich auf Profite aus.

Auch Helmut Naderer vom NaBu war davon überzeugt, dass sich eine moderne Landwirtschaft und Naturschutz nicht gegenseitig ausschließen. Ganz im Gegenteil. Allerdings müssten wichtige Aspekte wie Biodiversität ausgebaut, unterstützt und für Bauern auch angemessen vergütet werden. Er forderte dafür mehr Geld für das Wohl aller.

Falsche Vorstellungen von der Landwirtschaft

Olaf Feuerborn wünschte sich auch, die Konsumenten zu erreichen. Dem “Ottonormalverbraucher” fehle mittlerweile ein Verständnis für die Arbeit der Landwirte. Viele hätten sogar noch völlig veraltete und falsche Vorstellungen davon, was auf dem Feld passiert. Dabei könne die heutige Landwirtschaft zum Beispiel für junge Menschen viele Perspektiven bieten.

Der Profi-Praxistag fiel dieses Jahr etwas kleiner aus.

Der Profi-Praxistag fiel dieses Jahr etwas kleiner aus.

Fast schon beiläufig lieferte Ralf-Peter Weber einen spannenden Ansatz: In ländlichen Regionen und Dörfern könnten Betriebe Strukturen beleben, vor der Abwanderung bewahren und für die Bevölkerung eine Bereicherung sein.

Generell waren sich alle einig: Der Landwirtschaft fehlt ein positives Image, obwohl sie einen wichtigen Beitrag leistet. Tagtäglich. Für uns.

Wir müssen reden – nicht nur auf dem Profi-Praxistag

Hans Georg Brunn und Hubertus Paetow berichteten über ihre Erfahrungen als Landwirte. So erzählte Herr Brunn, wie aufwändig die Umstellung seines konventionellen Betriebs auf biologische Landwirtschaft war. Doch für ihn hätte sich die Entscheidung gelohnt, denn dadurch könne er einen wachsenden Markt bedienen. Auch klassische Unternehmen müssen sich bei sich ändernden Bedingungen neu ausrichten und auf die Wünsche der Kunden flexibler reagieren, empfahl Hubertus Petow. Er riet dazu, sich mehr mit Innovationen in der Landwirtschaft zu beschäftigen und alles Neue nicht im Vorfeld als gefährlich oder schlecht anzusehen.

Eine spannende Diskussion rundete die Veranstaltung ab.

Eine spannende Diskussion rundete die Veranstaltung ab.

Am Schluss des überaus interessanten Gesprächs stand ein wertschätzender Dialog, über den sich Profi-Praxistag-Initiator Michael Gutting besonders freute. Auch die Fragen und Kommentare aus dem Publikum machten deutlich: Es ist ein enormer Gesprächsbedarf vorhanden. Landwirte wünschen sich von den Verbrauchern mehr Verständnis und Akzeptanz für ihre Arbeit. Das beinhaltet auch das Unterstützen regionaler Unternehmen mit ihren Produkten. Zugleich gab es bei allen Anwesenden keinen Zweifel: Ohne Naturschutz und entsprechende Maßnahmen geht es nicht. Er ist so wichtig wie nie und muss auch von der Politik unterstützt werden.

Informationen zum Autor

Sven Wernicke

Sven Wernicke

Blogger

Sven Wernicke ist freiberuflich für diverse Blogs und Onlinemagazine tätig. Bei Ährenwort beschäftigt er sich mit den spannenden Facetten des Qualitätsprogramms.